Was bedeutet es heute Schäfer zu sein?
Es gibt sie noch, die Schäfer wie man sie sich vorstellt. Wir ziehen mit unseren Herden, die heute auch mehr als 1000 Tiere umfassen können durch einige der schönsten Regionen Deutschlands. Stets dabei haben wir unsere Hütehunde, die unseren Kommandos folgend aufpassen, dass die Schafe beisammenbleiben. Sie laufen an den Grenzen der Weiden, die wir als Tagesration für unsere Schützlinge ausgewählt haben. Die Weiden im Sommer sind oft kräuterreiche aber karge Naturschutzflächen, die von unseren Schafen vor der Verbuschung bewahrt werden. Durch selektiven Verbiss fördern die Schafe den Artenreichtum dort und es gibt viele sehr seltene Tier- und Pflanzenarten auf Schafweiden zu finden.
Im Winter ziehen viele mit ihren Herden quer durchs Land und legen dabei große Strecken zurück. Noch heute folgen wir den Routen, die die Schäfer vor Generationen schon gelaufen sind. Nur das wir heute auch ein Auto dabei haben, die Herden sind um ein Vielfaches größer und fast jeder Schäfer hat ein Handy oder Smartphone dabei.
Die allermeisten Schäfer haben heute einen Stall in dem z.B. die Schafe ihrer Lämmer bekommen. In diesen Zeiten müssen die Schafe mit Heu oder Silage und meist Kraftfutter (z.B. Getreide) gefüttert werden. Heu muss aber gemacht sein und so muss ein Schäfer heute auch Traktor fahren, den richtigen Schnittzeitpunkt fürs Gras und die Qualität der Mähwiesen einschätzen können.
Während in den klassischen Hüteschäfereien der Verkauf und Schlachtung der Lämmer neben der Landschaftspflege ein wichtige Einnahmequelle ist, wird in Milchschäfereien Milch gewonnen und oft auch zu Käse und Joghurt verarbeitet. Milchschäfereien sind in der Regel standortgebunden. Gute Futterqualität und die richtige Zusammenstellung von Kraftfutterrationen sind hier besonders wichtig um genügend Milch von guter Qualität zu gewinnen.
Die Schafe verbringen ihre Tage dann oft auf eingezäunten Weiden und werden Morgens und Abends zum melken in den Stall geholt. Die Zahl der Schafe ist in der Regel geringer und viele Betriebe halten ihre Schafe gemeinsam mit Ziegen.
Neben der Versorgung der Schafe gehört dann meist auch die Verarbeitung der Milch zum Alltagsgeschäft. Die Wahl der richtigen Kulturen nach Art des Käses und die sorgsame Pflege der reifenden Käseleiber ist eine Kunst für sich.
Allen Haltungsformen gemeinsam ist, dass wir das Schaf kennen und verstehen müssen. Krankheiten müssen frühzeitig erkannt und behandelt werden, wir müssen Tiere nach vielen verschiedenen Merkmalen für die Zucht auswählen und unser Jahr lange im voraus planen. Ständig müssen wir auch den Zustand der Herde und der Lämmer beurteilen. Wann wird es Zeit für eine Parasitenbehandlung, drohen Herdenkrankheiten und reichen die ausgewählten Weiden um die Schafe bei Gesundheit zu halten? Dabei müssen wir uns auf ständig wechselnde Wetterbedingungen, trockene, warme, nasse und kalte Jahre einstellen und entsprechend umplanen.
Die Verantwortung, die man mit seiner Schafherde hat, ist riesig. Verantwortungsbewusstsein, Einfühlungsvermögen, große Belastbarkeit und die Fähigkeit über lange Zeiträume von früh bis spät zu arbeiten sind unbedingt notwendig.
Beschenkt werden wir mit der täglichen Arbeit an einem wunderbarem Wesen. Einer Aufgabe, an der man wachsen kann, einer Arbeit nach der man weiß, was man getan hat und natürlich reichlich frischer Luft in freier Natur.
Was lernst du in deiner betrieblichen Berufsausbildung?
Das hängt natürlich vor allem von deinem Ausbildungsbetrieb ab. Die Berufsschulen meckern teilweise, dass die Schüler nicht mal eine einfache Futtermittelberechnung durchführen können, wenn sie in die Berufsschule kommen. Der Grund ist aber die Vielzahl an einfachen und alltäglichen Handgriffen, die vor allem im ersten Lehrjahr erlernt werden müssen. Man muss ein Gefühl für die Herde entwickeln, lernen sich durch die Herde zu bewegen ohne das alle Schafe angsterfüllt beiseite springen. Schafe, die furchtbar störrisch sein können, müssen gekonnt auf den Hintern gesetzt werden um die Klauen (nicht Hufe) zu behandeln. Der Umgang mit den Hunden muss erlernt werden. Worum geht es beim Hüten? Wie bekomme ich die Schafe so richtig schön satt und kugelrundund wie sieht ein sattes Schaf eigentlich aus? Schwangere Schafe wollen von nichtschwangeren unterschieden werden. Auch einzelne Schafe am Gesicht zu erkennen, muss erst erlernt werden. Die Behandlung mit Medikamenten ist ebenso Teil des ersten Lehrjahres wie die Geburtshilfe auch bei schwierigen Geburten und die Erstversorgung und Handhabung der neugeborenen Lämmer. Sicher wirst du tagweise alleine Hüten gehen, musst Zäune für Pferche und Koppeln stecken und lernen, wie lange eine Wiese für deine Schafe als Futter reicht, um euren Tag planen zu können.
Spätestens im zweiten Lehrjahr und wenn du dich nicht allzu blöd anstellst, wirst du auch für längere Zeit mit den Schafen alleine gelassen. Du musst die Tage dann selbstständig planen. Niemand wird dir dann helfen und dich auf kranke Schafe hinweisen. Es liegt dann ganz in deiner Verantwortung, die Schafe auch so wieder bei deinem Meister oder deiner Meisterin abzuliefern, wie er oder sie, sie dir übergeben haben. Viele alltägliche Arbeiten werden dir dann leichter von der Hand gehen, aber trotzdem bieten sich jeden Tag Möglichkeiten, Neues zu erlernen. Du kannst dir die Bücher zu Schafkrankheiten zur Hand nehmen, und versuchen Krankheiten zu erkennen ohne das dein Meister oder die Meisterin nach Diagnosen lachend abwinkt. Die vielen Symptome für Krankheiten kann man im zweiten Lehrjahr bereits zuverlässiger erkennen und es liegt nun auch ein Stück mehr in deiner Verantwortung, dich um dein Fortkommen zu bemühen.
Im dritten Lehrjahr schließlich hast du den kompletten Überblick über deinen Betrieb. Die betrieblichen Abläufe, Parasitenbehandlungen, Pflegeschnitt der Klauen etc. werden dir sicher bekannt sein. Nun gilt es, diese Erfahrungen zu festigen. Als Geselle auf einem neuen Betrieb zu arbeiten ist etwas ganz anderes als in gewohnter Umgebung. Du musst dich darauf vorbereiten dich mit völlig neuen Krankheiten, Schafen und Problemen auseinanderzusetzen. Du musst das nötige Selbstvertrauen sammeln, um dich diesen Herausforderungen zu stellen und Rückschläge auszuhalten. Als ausgebildeter Schäfer erwartet man von dir, eine Herde in Gänze betreuen zu können.
Was lernst du in der Berufsschule?
Die Berufsschule ist die Möglichkeit für dich, auf dem Betrieb Gelerntes mit anderen abzugleichen. Auf allen Betrieben werden die Dinge etwas anders angepackt und es ist spannend zu hören, wie es die anderen Lehrlinge auf ihren Betrieben machen.
Im Unterricht geht es dann um die Dinge, für die auf dem Betrieb oft keine Zeit bleibt. Ausführlich wird die Anatomie des Schafs besprochen, einzelne Organe werden mit ihren jeweiligen Funktionen durchgegangen. Die Verdauung des Schafs als Wiederkäuer spielt eine besonders wichtige Rolle. Einzelne Krankheiten sind ebenso Thema, wie der große Batzen der Bürokratie mit dem sich ein Schäfer heute herumschlagen muss. Im praktischen Unterricht wird es ebenfalls um Dinge wie dem Klauenschneiden gehen. Du lernst, verschiedene Futtermittel zu benennen und die Qualität abzuschätzen. Die Bewertung von Mutterschafen und Böcken nach verschiedenen Merkmalen, das einschätzen von Wollqualität, aber auch von Fleisch und Schlachtkörpern spielen eine Rolle.
Schließlich führst du einfache Berechnungen der Betriebswirtschaft, zur Fütterung und dem Zusammenstellen von Rationen durch. Darüber hinaus gibt es Unterricht wie in allen anderen Berufsschulen auch. Gesellschaftskunde, Deutsch und Wirtschaftskunde sind ebenfalls Teil der Berufsschule. Immer kannst du dann Gelerntes aus der Berufsschule mit auf deinen Betrieb bringen und dein Meister oder die Meisterin wird seine ganz eigene Meinung zu den Dingen haben.
Ablauf der betrieblichen Ausbildung und Betriebswechsel
Nachdem du einen Ausbildungsbetrieb gefunden hast, unterzeichnet ihr einen Lehrvertrag. Deine betriebliche Ausbildung geht über drei Jahre. Solltest du bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen Schulabschluss mit Hochschulreife haben, kannst du sowohl die schulische als auch die betriebliche Ausbildung um ein Jahr verkürzen. Deine Lehrzeit beträgt dann zwei Jahre. Für Betriebe gibt es einen Ausbildungsrahmenplan. In diesem Rahmenplan ist festgelegt, welche Inhalte dir während deiner betrieblichen Ausbildung vom Betrieb vermittelt werden müssen. Nicht alle Betriebe können diesen Rahmenplan vollständig erfüllen. So kann es sein, dass auf deinem Betrieb nicht geschlachtet, nicht gehütet oder keine eigene Futterwerbung (Mähen, kreiseln, schwaden, pressen, usw.) durchgeführt wird. In diesem Fall musst du entweder den Betrieb wechseln, oder du musst mit deinem Ausbildungsbetrieb eine Möglichkeit finden, wie dir die notwendigen Kenntnisse vermittelt werden. So könntest du zum Beispiel ein Praktikum bei eurem Lohnunternehmer (Futterwerbung) oder eurem Schlachter machen. Beim Hüten gestaltet sich das etwas schwieriger, vielleicht findet ihr aber trotzdem eine Lösung, z.B. gemeinsam mit einem befreundetem Hütebetrieb.
Sicher wird man dir von der Berufsberatung oder vonseiten der Berufsschule Nahe legen, in den verschiedenen Lehrjahren den Betrieb zu wechseln, um möglichst viel gesehen zu haben. Ich persönlich bin aber der Meinung, man sieht in seinem Berufsleben noch genug andere Betriebe. Einen Betrieb komplett zu durchschauen ist in einem Lehrjahr kaum möglich und erst dann lernt man viele Dinge, die man im späteren Berufsleben braucht. Auch das solltest du bei deinen späteren Überlegungen betreffend Betriebswechsel mit einbeziehen.
Berichtsheft
Während deiner betrieblichen Ausbildung bist du verpflichtet, ein Berichtsheft zu führen. Dein Berichtsheft dient der Überprüfung deiner betrieblichen Ausbildung. In deinem Berichtsheft hältst du deinen Alltag und die von dir geleisteten Arbeiten fest. So können die Prüfer und die zuständigen Behörden kontrollieren, was dir auf deinem Lehrbetrieb vermittelt worden ist. Fang unbedingt rechtzeitig mit deinem Berichtsheft an und führe es regelmäßig. So kannst du dir später viel ärger und nerven ersparen. Dein Berichtsheft wird normalerweise regelmäßig von deinem Meister oder deiner Meisterin überprüft und abgezeichnet
Warum es sich lohnt Schäfer*in zu werden.
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